Urige Hütte im idyllischen Reintal

Die Füssener Hütte in Musau/Reutte gehört eindeutig zu einem meiner liebsten Wanderziele. Als wir letztes Jahr eher zufällig an der Hütte vorbeikamen, fragte ich mich, warum wir noch nie hier oben waren. Die ersten Gäste saßen bereits auf der einladenden Sonnenterrasse und genossen das herrliche Bergpanorama.
 Hier auf 1.550 Meter Höhe ist alles ein bisschen ruhiger, stiller und vor allem ungezwungen. Die sonnige Terrasse unterhalb der mächtigen Nordhänge von Gehrenspitze, Kellenspitze, Gimpel und Schartschrofen lädt zum gemütlichen Verweilen ein. Der urige Hüttenwirt Jörg Kratzer empfängt uns herzlich. Bei der Frage: „Was magsch denn?“ stutzen wir ein wenig über seinen Allgäuer Dialekt. Beim Lesen der kulinarischen Köstlichkeiten wie Speckknödelsuppe, Schweinebraten, Brotzeitteller, Kaiserschmarrn und Apfelstrudel stolpern wir über „Flädlesuppe“. Da der Allgäuer Ausdruck in Tirol eher unüblich ist, fragen wir nach und erfahren von ihm eine erstaunliche Besonderheit.

Hütte gehört der Stadt Füssen


Die Füssener Hütte gehört mit 504 ha Grund der Stadt Füssen. Bereits im Jahre 1059 verlieh Kaiser Heinrich IV. die Fläche an Bischof Heinrich von Augsburg als „unvordenklichen Besitz“. 1837 wurde eine Sennalpe erbaut. Die Grundmauern sind heute noch so vorhanden. Während des 2.Weltkrieges war sie Stützpunkt für die Militärausbildung und wurde daher um ein Stockwerk erhöht. 
In dieser Form steht sie heute noch da. 1955 wurde der gesamte Besitz mit der Hütte zugunsten der Republik Österreich enteignet, jedoch fand 1962 die Rückgabe an die Stadt Füssen statt. „Doch so ganz hat es Österreich nie verwunden, dass in ihrem Gebiet ein Stück Allgäu ist“, lacht Hüttenwirt Jörg.

Die Füssener Hütte bei Reutte.
Die Füssener Hütte bei Reutte.
Natürlich, authentisch, naturverbunden


Kein Handy, kein Internet, kein Fernseher – man ist alleine mit sich und der Natur. „Das Leben nimmt hier einen anderen Rhythmus an. Man fühlt sich freier“, berichten Jörg und Ehefrau Katharina.
 Seit 2011 ist Jörg Kratzer, gebürtiger Weissenseer, Wirt auf der Füssener Hütte. Der sympathische Hüttenwirt ist, wie er ist, natürlich, authentisch und sehr naturverbunden. Hüttenluft hat er schon als Kind und Jugendlicher auf der Drehhütte und Salober Alm geschnuppert, als er dort immer mitgearbeitet hat. 
Seine Frau Katharina arbeitet unter der Woche als Erzieherin und unterstützt ihren Mann an den Wochenenden und im Urlaub. Auch die beiden Kinder Rosalie, 11 Jahre, und Gideon, 8 Jahre, helfen am Wochenende schon fleißig mit. In den Sommermonaten packen alle mit an. Katharina kümmert sich um das Organisatorische und die Kinder. Pünktlich zum Wochenende backt sie einen Teil der köstlichen Kuchen, der Rest wird oben auf der Hütte gemeinsam vom Team gebacken. Außerdem besorgt sie fehlende Lebensmittel. Schließlich wollen die drei auf die Füssener Hütte, um dort zusammen mit Ehemann und Papa Jörg das Wochenende zu verbringen. Anfangs war Katharina schon etwas skeptisch, ob die Hütte das Richtige ist. „Viele sehen die Arbeit nicht, die dahinter steckt“, sagt sie lächelnd. In den Sommerferien ist sie für drei Wochen auf der Hütte, um Jörg bei der Arbeit zu unterstützen. 
„Die Kinder fühlen sich hier wohl, sie beschäftigen sich mit sich selbst. Es gibt immer etwas zu entdecken“, erzählt der Familienvater. Gideons Augen leuchten: „Das Leben hier ist einfach schön, ich bin frei und wenn ich in den Ferien und am Wochenende meinem Papa helfen kann, macht mir das Spaß.“ Ob er denn nicht lieber mit seinen Freunden zum Baden gehen möchte, will ich von ihm wissen. „Wir haben ganz in der Nähe der Hütte einen Gumpen, der hat zwar nur 12 °C, aber das macht frisch“, lacht er. 
Für Katharina ist es wichtig, sich für die Kinder ein paar Stunden Auszeit zu nehmen. Schließlich müssen die beiden in den arbeitsintensiven Sommermonaten zurückstecken. Wenn es die Zeit zulässt, schnappen sich die drei ihre Bergschuhe und wandern auf die Große Schlicke oder aufs Füssener Jöchle hinauf. „Mein großes Ziel ist die Zugspitze“, verrät mir Rosalie. 
Die Füssener Hütte ist der ideale Ausgangspunkt für viele Berg- und Gipfeltouren. Von der Hütte aus wandert man in anderthalb Stunden auf die Große Schlicke oder den Schartschrofen. Geübten Bergsteigern empfiehlt Jörg die Touren auf die Rote Flüh, den Gimpel, die Gehren- und die Kellenspitze.

Zünftige Brotzeiten aus regionalen Produkten

Natürlich bekommen wir in der Füssener Hütte leckere regionale Köstlichkeiten aufgetischt. Katharina und Jörg legen Wert auf Qualität und Regionalität. „Bei uns gibt’s das Brot vom Buchinger Bäcker aus dem Dorf und den Bergkäs von der Käserei Weizern.“ Die Würste macht Jörg, ursprünglich gelernter Metzgermeister, natürlich „selbst“ und das Fleisch für den legendär bekannten Schweinebraten kommt aus eigener Schlachtung. Jörg ist es wichtig, eine kleine Auswahl regionaler, frisch zubereiteter Gerichte – zu familienfreundlichen Preisen – anzubieten. Als leidenschaftlicher Jäger steht natürlich auch heimisches Wild regelmäßig auf der Speisekarte. „Natürlich könnte ich ein paar Euro mehr verdienen, wenn ich alles im Discounter einkaufe, aber meine Philosophie ist eben eine andere“, so der Hüttenwirt. 
In der Küche ist Jörg der Chef. Der Ruf vom köstlichen Schweinebraten ist weit übers Tal hinaus bekannt. Wanderer und Radfahrer kommen hier herauf, um sich den köstlichen Braten schmecken zu lassen. 
„Der Montag ist unser Ruhetag und zugleich der Schlachttag“, erklärt der Metzgermeister. Als selbstständiger Schlachtmeister ist er viel unterwegs bei Hausschlachtungen im Allgäu und dem benachbarten Tirol sowie im Füssener Schlachthof.

Regionale Köstlichkeiten auf der Füssener Hütte
Regionale Köstlichkeiten auf der Füssener Hütte
Gastfreundschaft auf hohem Niveau


„Die Füssener Hütte ist eine Erholungshütte“, so Katharina. „Unsere Gäste sollen sich einfach rundum wohlfühlen. Manche bleiben ein bis zwei Nächte, weil sie von der Füssener Hütte aus Touren gehen. Andere schätzen die Auszeit hier heroben.“ Absolut kein Handynetz weit und breit! Auch wenn die Füssener Hütte keine AV-Hütte ist, Übernachtungsmöglichkeiten gibt es genügend, aufgeteilt in Drei-und Mehrbettzimmer. Blitzsauber strahlen die Lager und Waschräume.
 Die Leidenschaft von Jörg, alte Dinge zu sammeln, erkennt man an den liebevoll arrangierten Gegenständen in der Gaststube. 
So ist die Hütte in den vergangenen Jahren ein kleiner Stützpunkt für das Allgäu in Tirol geworden. Wenn es dann noch an den Wochenenden selbstgebackenen Kuchen von Katharina gibt, dann ist für die Wanderer die Welt erst recht in Ordnung.
Während der Stoßzeiten gibt es viele Freunde, die der Familie Kratzer helfen, damit sie so manchen Ansturm an sonnigen Wandertagen bewältigen können. Jörg möchte das Leben auf der Hütte nicht missen. Am Abend, wenn alle Gäste gut versorgt und in ihren Lagern sind, sitzt das Hüttenteam noch ein wenig zusammen und lässt den Tag Revue passieren. Alle genießen die sozialen Kontakte, die sich als Wirtsleute auf der Füssener Hütte ergeben. Dazu genügt ein Blick ins Hüttenbuch, das voll des Lobes ist. 
Die Zufriedenheit, die Jörg ausstrahlt, macht sich auf der Hütte bemerkbar. Er sagt mir beim Abschied: „I brauch net viel zum glücklich sein, denn wenn es meina Leit guat geht und meine Gäscht zfrieda sind, was will i mehr. I hob mir meinen Traum vo einer Hütte erfüllt und das ist dann schon etwas ganz Besonderes.“

Hüttentraum erfüllt! Jörg Kratzer ist Hüttenwirt
Hüttentraum erfüllt! Jörg Kratzer ist Hüttenwirt
So geht’s hinauf

1. Familienfreundlich:
Mit der Bergbahn hinauf zum Füssener Jöchle. Von dort in 60 Min. hinab zur Füssener Hütte. Hüttenübernachtung und am nächsten Tag wieder hinauf zur Bergbahn.

2. Für Kletterbegeisterte:
Von der Füssener Hütte zum Schartschofen oder Gimpel

3. Besonders reizvoll:
Von Pfronten oder dem Tannheimer Tal über die Bad Kissinger Hütte zum Füssener Jöchle und weiter zur Füssener Hütte. Abstieg nach Musau. Von dort besteht eine Busverbindung zurück nach Pfronten. Dauer ca. 5 bis 6 Stunden

4. Über die Große Schlicke zur Vilser Alm:
Von Vils mit dem Bus zurück zum Ausgangspunkt fahren. Ca. 4 Stunden

5. Für Geübte
gibt es auch eine Tour vom Tannheimer Tal über die Nesselwänger Scharte zur Füssener Hütte. Ca. 4 bis 5 Stunden

6. Oder über den Hahnenkamm
zum Sabachjoch und weiter zur Füssener Hütte 4 bis 5 Stunden

7. Die Füssener Hütte bietet mit einer extra Strecke für Mountainbikefahrer mit über 8,4 km eine ideale Tour.

Kontaktdaten: Fam. Katharina & Jörg Kratzer
Telefon (Hütte): +43 (0) 676 / 342 32 21
Website der Füssener Hütte

 

Quelle: Bericht von Silvia Schlögel/Allgäuerin Ausgabe 4/2014

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